Neulich hab ich meine liebe Freundin Natascha getroffen, die gemeinsam mit ihrem Bruder Aleks eine Möbelfirma (Movisi) betreibt (Das an sich ist schon eine gute Geschichte, die vielleicht ein anderes mal erzählt wird). Ein neues Regal hätten sie entworfen, erzählte sie mir. Ein neues Regal? Wie viele Regale gibt es denn schon? Braucht die Welt noch mehr davon? Sollen sich die Leute doch solide Klassiker kaufen, die sie vererben können, oder bei Geldmangel einfach Bierbänke stapeln! Wenn’s um Design geht, bin ich eine verwöhnte Göre. Styling allein löst bei mir höchsten ein müdes Lächeln aus. Ich will ECHTE Produktinnovation, will Dinge, die schön und schlau sind, die Probleme lösen, langlebig sind, Ressourcen schonen und glücklich machen. Mal schauen, ob Natascha mich überzeugen kann. (Für die Freunde kurzer Bildschirmlektüre: Als gelernte Produktdesignerin kack ich jetzt mal auf die Regel, alles kurz zu fassen, und hol mal richtig zur Designkritik aus. Kein Bock drauf? Pech gehabt!)
Hier erst mal ein Video, in dem die beiden das Konzept vorstellen:
Das modulare System
Ha! Auf den ersten Blick fällt mir gleich eine Schwachstelle auf: Raumausnutzung. Gemessen an der Größe gibt es nur wenig gerade Stellflächen, der Inhalt hängt gerne mal schräg in der Kurve. Für Orthogonalfetischisten der blanke Horror, Anthroposophen dürften vor Freude im Sechseck hüpfen.
- Trotz wilder Form: Regalböden sind bündig.
Das System ist beliebig durch identische Elemente zu erweitern. Gefällt mir, ist aber nichts Neues. Die dabei entstehenden Formen sehen jedoch spannend, fast organisch aus. Wie ein so lebendig daher kommendes Modularsystem immer noch so gut ineinander passen kann, ist mir ein Rätsel, welches die Designer sehr schön gelöst haben.
Grundlegend basiert es ja auf einem hexagonalem Raster, aber durch die krummen Winkel entwickelt es eine eigenständige Ästhetik, die mal so richtig interessant ist. So funktioniert das System auch als dekoratives Raumobjekt.
Die Regale lassen sich auch als freistehende Wandelemente nutzen.

Das Material: EPP (Expandiertes Polypropylen)
EPP kennt man von den Boxen der Pizzalieferanten, wird aber auch viel in Autos verbaut. EPP ist extrem stabil und trotzdem leicht: es besteht zu 95% aus Luft. Ein Element wiegt nur 700g (750g mit Boden). Damit ist das System für die Unterwassermöblierung ungeeignet.
Der Partikelschaumstoff ist komplett ungiftig (sogar lebensmittelecht) und voll recyclebar. Das kann man von herkömmlichen Möbelbaumaterialien wohl kaum behaupten: Pressholz wie zum Beispiel MDF oder Spanplatten enthalten Formaldehyd, was Krebs erregt.

EPP ist ein geniales Material für den Möbelbau. Movisi hat schon einige andere EPP-Möbel im Programm, die sich auch über Jahre hinweg bewährt haben.
Die Montage
Einfach mit den Verbindungselementen zusammenstecken. Kein Werkzeug ist dabei nötig, außer man möchte die Verbindungselemente an die Wand schrauben, damit das Regal nicht auf dem Boden stehen muss. Durch das niedrige Gewicht der Elemente wird einem der Aufbau im wahrsten Sinne des Wortes erleichtert.
Die Elemente lassen sich mein ein paar Handgriffen neu anordnen und erweitern.
Umnutzung
Die Elemente lassen sich leicht entfernen und zweckentfremden. Sie können in der Version mit Rücken auch gestapelt werden oder als Hocker genutzt werden.
Gäbe es noch einen Deckel dafür, könnte man damit sogar Pizza liefern!
Fazit: Schlau und schön!
Ich such schon mal eine Wand in meiner Wohnung, die noch ein Regal vertragen könnte.
Der Haken: Noch wird das Regal nicht produziert. Es handelt sich um ein Crowdfunding-Projekt, bei dem man vorbestellen kann. Wenn genügend bestellt wurde, können Natascha und Aleks loslegen. Ich freu mich schon mal vor.
Nachtrag:
Der Betrag von $ 100.000 ist zusammengekommen, die Werkzeuge für die Produktion gebaut werden. Ich freu mich schon auf mein Regal!
Hier kann man bestellen, oder einfach nur Gefallen bekunden (Das hilft auch schon):
indiegogo.com/projects/build-modular-furniture
Und hier gibt’s mehr zu erfahren:
Designer: Jack Godfrey Wood, Tom Ballhatchet. Großes Lob!