Artificial Troll

Dass das Internet nicht nur der Verbreitung von Katzenbildern dient, ist schon lange klar. Ausreichend anonym kann man hier auch Aufmerksamkeit durch dümmlich-provokanten Unfug heischen. Das versiffteste Eck in der Toilette des öffentlichen Internets ist das „political incorrect“-Board von 4chan. KI-Fachmann Yannic Kilcher hat den gesammelten Müll von 3,5 Jahren dieses Boards einer Sprach-KI zum Fraß vorgeworfen. Diese hat daraus gelernt, wie ein:e waschechte:r Troll:in zu kommentieren, Verschwörungserzählungen zu entwickeln und zu verbreiten und was man sonst noch so alles macht, wenn man an Loghorrhoe leidet und Sendungsbewusstsein hat. Er hat die KI auf das 4Chan-Board losgelassen, was inhaltlich wohl gar nicht auffiel. Nur die reine Anzahl der künstlichen Beiträge machte die Trollkollegen stutzig und inspirierte sie zu weiteren Verschwörungserzählungen. Es ist durchaus interessant, wovon der Entwickler hier in seinem Video berichtet.

Ethisch ist dieses Experiment umstritten, es wurde dadurch noch mehr toxische Plörre ins Netz gegossen. Es ist, wie jede KI, ein Spiegel (von Teilen) der Gesellschaft, ein Einblick in die Abgründe, die in vielen von uns stecken. Kommentarschlachten bei der Tagespresse zwischen Radfahrer:innen und Autofahrer:innen, Impffreund:innen und Impfgegner:innen oder selbsternannten Kriegs- oder Klimaexper:innen lassen einen wünschen, dass da keine echte Menschen dahinter stecken. Dem ist nicht so, denn eine KI kann nur daraus lernen, was ihr an Daten gegeben wird. Und die wurden von Menschen mit ebenso fragwürdiger natürlicher Intelligenz zusammengehetzt.