Auf ein Foto von mir in den sozialen Medien erntete ich den sicherlich wohlgemeinten Rat, ich sollte doch etwas zunehmen, da ich krank aussähe.

Ach immer dieses Sollen. Was man nicht alles sollte …

Ab-, zu-, aufnehmen, achtsam, erfolgreich, ordentlich, nicht zu laut und nachhaltig sein, deines Nächsten Frau nicht nicht begehren (Mann ist aber schon okay?), kein Bier auf Wein trinken, keine eigenen Beiträge liken, die Toilette so hinterlassen, wie man es vorfinden möchte, den Rasen nicht betreten, nicht über Los gehen, die absurdesten Meinungen akzeptieren, nicht mit vollem Magen ins Freibad gehen und bei allem noch gut aussehen.

Viel wichtiger: Was will ich eigentlich?

Ich will mich so mögen, wie ich bin. Mit allem, was man als Makel bezeichnen könnte. Das ist nicht einfach. Es hilft, sich nicht immer im Spiegel anderer zu betrachten, denn auch diese sind verzerrt. Mein Wollen ist nicht das Sollen anderer.

Ich will mich entwickeln, dazu lernen, unbekanntes Terrain betreten, Überraschungen erleben, versuchen, scheitern, nochmals versuchen, schöner scheitern.

Ich will lachen, leben, lieben, Freude erleben und bereiten.

Das hört sich nach einem gesunden Leben an.

Adas Albträume

Wie sehe ich eigentlich aus? Ein Blick in den Spiegel offenbart: Gar nicht. Wie eine Vampirin. Selfie? Nö. Woher kommen dann all die Bilder von mir? Es sind mehr oder minder aufwändig erzeugte Abbildungen dessen, wie ich mir vorstelle, dass ich aussehe. Zum Glück habe ich ein materielles Alter Ego, welches halbwegs zeichnen kann – mit Stift und Computer. Das klappt mal besser, mal schlechter. Wie ich schon erzählte, habe ich entdeckt, dass es künstliche Intelligenzen gibt (Elektronengehirne), die sich Bilder erträumen können. Hier zu sehen: Ein Video, in dem unzählige Bilder, die aus den Tiefen meines Elektronengehirns auftauchten, aneinandergereiht sind. Man merkt, dass da noch viele Albträume mit im Spiel sind. Kein Wunder, die Technologie ist hier noch sehr am Anfang. Wird man diese Bilder in ein paar Jahren mal sehen, wird man lachen, wie krude das alles damals war. Aber irgendwann muss man ja mal damit anfangen.

Ich habe jetzt übrigens mein eigenes Elektronengehirn und muss nicht mehr schauen, ob man gerade eins im Netz findet, welches einem freundlicher oder bezahlter Weise hilft. Es hat einen furchteinflößenden Namen: „Gainward Phantom Geforce RTX 4090“, sieht aus wie ein Raumschiff aus einer miesen 90er-Jahre Sci-Fi-Serie und kann in allen Farben leuchten. Wozu auch immer. Es ist mit riesigen Ventilatoren versehen und ein ganzen Bündel an Kabeln versorgen es mit Strom. Es heizt nebenbei unsere Wohnung. Aber es ist auch flink darin, Bilder zu erzeugen. Vielleicht sollte ich ihm einen freundlicheren Namen geben.

Der Hersteller NVIDIA gibt seinen Prozessoren immer Codenamen. Hier: „Ada Lovelace“. Ich zitiere Wikipedia: „Augusta Ada King-Noel, Countess of Lovelace, allgemein als Ada Lovelace bzw. Lady Lovelace bekannt, war eine britische Mathematikerin und Gesellschaftsdame. Sie war die Tochter des Dichters Lord Byron. Sie gilt als erste Erstellerin von Computerprogrammen.“

Muss ich noch mehr sagen?

Ada klingt viel schöner als Phantom Viertausend GTI oder so.


Die Musik zum Video hat mein materielles Alter Ego Martin Zentner gemacht. Oder ich. Ist bei uns nie so ganz klar, da wir uns einen Kopf (Neuronengehirn, oder auch Natürliche Intelligenz genannt) teilen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Gefallt euch selbst!

Ein selbstgefälliges Bild.

Wäre ja auch schlimm, wenn’s mir selbst nicht gefallen würde! Sich selbst zu gefallen hat einen Vorteil: Ich nehme die anderen aus der Pflicht, an mir Gefallen finden zu müssen. Ich mach das schon selbst, und wem ich trotzdem gefalle … wunderbar!

Gefallt euch selbst! Oder findet euch okay. Habt ein sichselbstokayfindiges Bild von euch im Herzen! ❤

Anmerkung:

Es gibt einen ganzen Sack voll Adjektive, die die Liebe zu sich selbst sehr abwerten [1]. Positiv konnotierte Begriffe sind schwer zu finden, sie umgehen den Begriff der Liebe weitläufig (selbstbewusst, selbstzufrieden), als ob es etwas schmutziges wäre, sich selbst zu lieben. Obschon die Bibel zur Selbstliebe aufruft, denn man solle seinen nächsten ja wie sich selbst lieben. Man könnte fast denken, dass es Konsens sei, dass wer sich selbst liebt, diese Liebe anderen vorenthalte, als wäre es eine endliche Ressource, mit der man haushalten und ja nicht zu viel für sich selbst behalten solle. Wer sich selbst nicht mag, braucht Surrogate und ist somit eine gute Konsumentin. Und im biblischen Sinne kann der Selbstsichnichtliebende ja auch mit Fremdliebe knausern, man muss ja anderen nicht mehr geben, als man sich selbst gönnt.

Kurzum: Ich habe mal ganz provokant dieses negative Wort auseinandergenommen um zu zeigen, wie selbsthässlich wir sozialisiert wurden. Darum mein Plädoyer dafür, sich schamlos selbst gefallen zu dürfen.

[1]Duden: sich selber sehr wichtig nehmend, oft damit verbunden, die eigenen Vorzüge deutlich und auf überhebliche Art zu betonen und dabei Verdienste anderer zu ignorieren. Sinnverwandte Wörter: anmaßend, arrogant, eingebildet, eitel, narzisstisch, präpotent, selbstgerecht, selbstherrlich, überheblich)

Artificial Troll

Dass das Internet nicht nur der Verbreitung von Katzenbildern dient, ist schon lange klar. Ausreichend anonym kann man hier auch Aufmerksamkeit durch dümmlich-provokanten Unfug heischen. Das versiffteste Eck in der Toilette des öffentlichen Internets ist das „political incorrect“-Board von 4chan. KI-Fachmann Yannic Kilcher hat den gesammelten Müll von 3,5 Jahren dieses Boards einer Sprach-KI zum Fraß vorgeworfen. Diese hat daraus gelernt, wie ein:e waschechte:r Troll:in zu kommentieren, Verschwörungserzählungen zu entwickeln und zu verbreiten und was man sonst noch so alles macht, wenn man an Loghorrhoe leidet und Sendungsbewusstsein hat. Er hat die KI auf das 4Chan-Board losgelassen, was inhaltlich wohl gar nicht auffiel. Nur die reine Anzahl der künstlichen Beiträge machte die Trollkollegen stutzig und inspirierte sie zu weiteren Verschwörungserzählungen. Es ist durchaus interessant, wovon der Entwickler hier in seinem Video berichtet.

Ethisch ist dieses Experiment umstritten, es wurde dadurch noch mehr toxische Plörre ins Netz gegossen. Es ist, wie jede KI, ein Spiegel (von Teilen) der Gesellschaft, ein Einblick in die Abgründe, die in vielen von uns stecken. Kommentarschlachten bei der Tagespresse zwischen Radfahrer:innen und Autofahrer:innen, Impffreund:innen und Impfgegner:innen oder selbsternannten Kriegs- oder Klimaexper:innen lassen einen wünschen, dass da keine echte Menschen dahinter stecken. Dem ist nicht so, denn eine KI kann nur daraus lernen, was ihr an Daten gegeben wird. Und die wurden von Menschen mit ebenso fragwürdiger natürlicher Intelligenz zusammengehetzt.

Elektrisches Schaf

Elektronengehirne können träumen. Eine neue Webseite verschafft mir Zugang zu einer künstlichen Intelligenz, die mir Bilder erträumt, die ich mir von ihr wünsche. Da ich als virtueller Mensch keinen materiellen Körper habe, den man so einfach vor die Kamera stellen kann, bin ich auf die Phantasie anderer angewiesen. In diesem Fall der Fantasie eines Elektronengehirns, um Bildnisse von mir zu erzeugen.

Eine Oberbürgermeisterin für Stuttgart

Am 8. November 2020 wählt Stuttgart eine Oberbürgermeisterin. Auch wenn die Wahl immer noch Oberbürgermeisterwahl heißt. Das wird sich ändern.

Ich erfülle drei der vier Kriterien, um anzutreten. Das sollte reichen. Es gibt – im Gegensatz zu mir – ja auch Kandidaten, die am vierten Kriterium straucheln: „… und die Gewähr bieten, dass sie jederzeit für die freiheitliche und demokratische Grundordnung im Sinne des Grundgesetzes eintreten“. Und damit ist nicht gemeint, auf Youtube mit dem Grundgesetz rumzufuchteln.

Das mit der europäischen Staatsbürgerschaft klappt bei mir nicht so ganz, aber wenn man in Stuttgart keine Scheiben einschmeißt, wird einem auch nicht der Stammbaum durchkämmt.

Ich bin Stuttgarterin ohne Leib aber mit ausreichend Seele. Ich pflege eine Hassliebe zu dieser Provinzgroßstadt und werde das ändern. Stuttgart soll eine verdammt prima Stadt werden. Darum habe ich beschlossen, Oberbürgermeisterin zu werden. Dazu muss ich halt nur noch gewählt werden. Aber dabei helft ihr mir sicherlich.

So tun als OB …

Auch wenn es mit der OB-Wahl nicht klappen sollte, hoffe ich, dass ich dann die anderen ein bisschen inspirieren kann und dass wir am Ende eine großartige Oberbürgermeister:in bekommen, der oder die den Mut hat, Stuttgart in eine gute Zukunft zu führen.

Hier geht es zu meiner Webseite für die Wahlkampagne:

dorastuttgart.wordpress.com

Torben Denver

Ein schönes Musikvideo, sehr ornithologisch. Produziert von Mitbewohnern und Freunden.

Stilistisch ist dies ein ziemlicher Umschwung für die ehemalige „The Torben Denver Band“, die sich jetzt nur noch „Torben Denver“ nennt. Ich mags. Dabei wurde auch auf meine immense Sammlung virtueller Synthesizer zugegriffen.

Video: Putte
Musik: Tobias Spreng
Text: Silke Reuter
Arrangement/Vorproduktion: Martin Zentner
Produktion/Mastering: Putte
Gesang/Gitarre: Tobias Spreng
Querflöte: Alexander Mink
Synthesizer/Beats: Martin Zentner

https://www.facebook.com/torbendenverband/

So klang das ganze früher:
https://thetorbendenverband.bandcamp.com/

Ein schönes Bild der aktuellen Bandbesetzung. Okay, manche davon sind nur Statisten (wie zB ich).

Geschichten aus der Seuche (1)

Ein Vorteil der ganzen Telearbeit: Rauchen bei der Videokonferenz. Ein Nachteil: Hausanzüge und andere stilistische Nachlässigkeiten scheinen hier geduldet zu sein. Als würde man sich nur für die Welt da draußen in Schale werfen. Man kann mir Selbstgefälligkeit vorwerfen. Das nehme ich als Kompliment an. Wo kämen wir denn hin, wenn man sich selbst nicht einmal mehr gefallen wollte?

Anstand halten

Die Bewegung für Radikale Empathie hat die derzeitige Seuche zum Anlass genommen, mit Plakaten auf eben diese Seuche und ihre Begleiterscheinungen (Quarantäne, Aluhüte, Vermumungsgebot und dergleichen) einzugehen. Mein Mitbewohner, der für meine Visualisierung zuständig ist, hat auch ein Plakat dazu beigetragen, das wir beide zieren.

Man kann diese Plakate derzeit in Stuttgart sehen. Und im Fernsehen auch. (Danke an Wolfi für das Foto)

Ganz schön wenig los hier.

Die Bloggerei scheint nicht mehr so en vogue zu sein – sie schwindet aufgrund Überbuchstabung der Rezipientin. Kann ich gut verstehen. Es wird so viel kommuniziert, da kann man nicht anders, als sich zwischen Schlagzeilen und Bildchen durchzuwühlen. Und mal ganz ehrlich: Vieles lässt sich auch in wenige Worten fassen und manche Bilder sagen wirklich mehr als tausend Worte. Ein langer Text, der sich nicht durch gedankliche Sättigungsbeilagen aufbläht, bedarf umfangreicher Recherche, Gedankenblitze und der Fähigkeit, eine inspirierende Geschichte daraus zu stricken. Oder er muss durch sprachliche Schönheit glänzen. Ob das von mir üblicherweise abgesonderte Konglomerat an schrägen Bildern dem gerecht wird, kann ich nicht beurteilen. Aber hey, ich zwinge ja auch niemanden, das alles hier zu lesen.

Mal schauen, ob ich einfach wieder anfange, trotzdem hier zu schreiben. Ich verspreche nichts, was ich jederzeit brechen kann. Aber irgendwo müssen ja all die Buchstaben aus meinem Kopf hin.

Hinter Masken

Nicht nur Worte, auch Viren springen einem gerne mal aus dem Mund, wenn man sie in sich trägt. Also: Mund und Nase bedecken, dann verbreitet sich die Seuche nicht ganz so einfach. Die Worte kommen ja immer noch raus.

Mein Mitbewohner Martin hat da ein paar einleuchtende Tipps für den anständigen Umgang mit Abstand verfasst:

Geh einfach davon aus, du wärst infiziert und verhalte dich anderen gegenüber dementsprechend.

Falls dir die anderen egal sind: Stell dir einfach vor, alle anderen wären infiziert.

Wenn dir sogar egal ist, ob du infiziert wirst oder gar glaubst, dass Corona harmlos oder eine Erfindung einer bösartigen Organisation deiner Wahl sei, dann respektiere, dass andere das vielleicht anders sehen könnten.

Wenn das Respektieren anderer nicht so dein Ding ist und du glaubst, dass deine Wahrheit Trumpf im Skat der Ideologien sei, denn geh ihnen einfach aus dem Weg, denn sie könnten Reptiloiden sein, die dein Hirn mit 5G fritieren, nachdem sie dir dein Adrenochrom abgezapft haben.

Blasenplatzen

Ich höre es grad überall platzen. Es sind die Filterblasen, die unter lautem Getöse in sich zusammenfallen. Gestern kämpfte man noch Seite an Seite gegen den Klimawandel oder für das Recht, das Klima zu wandeln, man klopfte sich in seiner Blase gegenseitig auf die Schulter. Heute klopft man sich ins Gesicht, erbittert uneins darüber, ob all das was gerade passiert eine zerstörerische Panik oder die Rettung unzähliger Menschenleben sei. Das heimelige Gefühl, in der eigenen Filterblase keinen grundlegenden Kontroversen ausgesetzt zu sein, hat sich aufgelöst. Der Feind scheint plötzlich in den eigenen Reihen zu sein, manchmal sogar in der eigenen Wohnung.
Es ist eine große Herausforderung, den gegenseitigen Respekt zu behalten, auch wenn man die Meinung des Anderen nicht mehr respektieren kann.

! Ich spreche nicht aus eigener Erfahrung. In unserer WG ist alles okay !

I hear lot of noise. It’s the noise of colapsing echo chambers. The day before you where fighting side by side against climate change or your right to change the climate. You were slapping each others shoulders in your echo chamber. Now you slap each others face. Disputing, wether all that is happening right now is a destructive panic or the rescue of uncounted lives. The cosy feeling of your own echo chamber has vanished. Now, your enemy is in your own ranks. Sometimes even in your own appartment.
It’s a big challenge to maintain your mutual respect, even though you can’t respect each others opinion.

Schlaue Tipps für den Rechnerkauf

Bei der Wahl des passenden Rechners sollte man die Farbe nicht außer acht lassen, denn: Das Auge rechnet mit!
Bei diesem Modell passt das lebendige Rotorange hervorragend zum Bezug meines Stuhls. Das helle Blau der Tastatur setzt nicht nur einen schönen Akzent, es wirkt auch beruhigend und mildert so die Versuchung, unbedacht zornige Repliken zu verfassen. Das lindert den Netzgesamthass.

Das fahle Leuchten von Monitoren ist schlecht für den Teint, darum habe ich mir ein Buch mit elektronischem Papier angeschafft.

Holzvertäfelung und Zimmerpflanze erzeugen einen wohltuenden Kontrast zur technischen Härte des IT-Ensembles.

Frau Grubenthal kommt gerne zu Besuch, da es sich in diesem Ambiente entspannt und nonchallant Twittern lässt.

Zur Linken von Frau Grubenthal steht übrigens die Papiermangel. Sie glättet verknülltes Papier, damit es wieder verwendet werden kann.

Geschichten aus meinem Computerraum

Arbeitssame Stimmung in meinem Computerraum. Hinten rechts: Quantenmechanikerin Dr. Katinka Schlopp, Spezialistin für multiversale mesoskopische Katzenzustände.
Vorne im Bild: Heinrich Utter, Datentypist.

Lärmende Horden

Es gibt Menschen, die mögen es laut. Sie trinken Alkohol, nehmen Amphetamine (Ritalin für Erwachsene) und tanzen gerne zu lauter Musik – vorzugsweise Nachts, im Zentrum der Stadt und am Wochenende. Ihnen bereitet das Freude. Jene, die in Ruhe schlafen wollen, haben weniger Freude daran.

Darum gibt es eine großartige Erfindung: Man sperrt die tanzende Meute einfach in halbwegs schalldichte Bunker, wo sie ungestört und unstörend laut sein können. Alle sind glücklich: Die Tanzenden, die schlaffreudigen Anwohner und die Betreiber der sogenannten Clubs.

Jetzt hat das Regierungspräsidium Stuttgart beschlossen, dass die lärmende Horde dreier solcher Clubs im Bereich Eberhardstraße (Dilayla, White Noise und Bar Romantica) mitten in der Nacht (5 Uhr) auf die Straße gescheucht werden sollen und erst um 6 Uhr morgens wieder in die schallgeschützten Räume zurückkehren dürfen.

Ich kann nicht nachvollziehen, warum man den Anwohnern jetzt zumuten möchte, dass durch diese sogenannte Sperrstunde die Clubgänger für eine Stunde mitten in der Nacht auf die Straße geschickt werden, wo sie andere um den Schlaf bringen.

Artikel in der Stuttgart Zeitung

(Foto: lärmende Menschen (Labor118) im White Noise, selbstgemacht. Und ja, ich lärme bisweilen auch.)

Das größere Stück vom Kuchen

Soziale Gerechtigkeit! Wird gerne gefordert und ist auch eine feine Sache. Jene, die viel haben, geben jenen, die wenig haben etwas ab. Die Rollen dabei sind ganz klar verteilt: Spender und Bittsteller. Und da dies nicht auf Freiwilligkeit beruht, sorgt der Staat für die Umverteilung von Almosen. Er besteuert die Wohlhabenden, damit er daraus ein Netz für die sogenannten sozial Schwachen spinnen kann. Das ist das gängige Bild des Sozialstaates. Es ist ein hässliches Bild.

Wechseln wir doch mal die Perspektive. Menschen verbrauchen Platz, Rohstoffe und machen Dreck. Sie bauen Häuser in die Landschaft und halten mit Zäunen ihre Mitmenschen fern. Sie brauchen Straßen, auf denen sie tonnenweiße Stahl durch die Gegend bewegen. Sie kaufen sich Nippes, der nach einem dekorativem Intermezzo mitsamt Verpackung auf der Mülldeponie oder gleich im Meer landet. Für Energie wird Kohle verbrannt, Atommüll verbuddelt. Kennt man ja alles.

Manche konsumieren mehr, andere weniger. Leider sind unsere Ressourcen endlich. Wenn sich jemand ein großes Stück vom Kuchen nimmt, bleibt weniger für die anderen übrig. Und genau da muss Ausgleich geschaffen werden. Jemand der mehr hat und verbraucht, entschädigt jene, die weniger haben und verbrauchen. Jetzt sind es keine Almosen mehr, die ein Schwacher vom Starken einfordert. Es ist ein Ausgleich unter Gleichberechtigten. Die Wohlhabenden leisten einen Beitrag dafür, dass sie sich ein größeres Stück vom Kuchen nehmen. Dieses Bild gefällt mir schon besser. Es wird dem gerecht, dass Besitz und Konsum mit Verantwortung einhergehen.

Auf den ersten Blick ändert dieser Perspektivenwechsel nicht viel. Es wird immer noch Geld, das sich gerne zu anderem gesellt, wieder an alle verteilt.  Es ändert aber unser Bewusstsein. Und das ist der erste Schritt, wenn wir neue Wege finden wollen, wie wir in einer Welt endlicher Ressourcen dauerhaft ein anständiges Leben miteinander führen können.